Dienstag, 18. Dezember 2012

"Die Straße war nie g'rade..."


Ich versteh's nicht! Da gibt es Menschen, die haben - so kommt es mir zumindest vor - mit 27 Jahren mit ihrem Leben abgeschlossen. Und wehe, es verläuft alles nicht nach geraden Bahnen, die man sich vor sieben Jahren ausgedacht und vorgezeichnet hat...

Gestern unser letzter Supervisionstermin vorm Examen. Thema: Wie sieht Ihre Traumschule aus? Welche Pläne haben Sie nach dem Examen? 

Nun kann ich durchaus nachvollziehen, wenn man durch Familie und Partner meint, an einen Ort fest gebunden zu sein. Aber was ich noch nie leiden konnte, ist dieses Jammern, was mit dieser Entscheidung manchmal einhergeht. Und so sitzen da Referendarinnen, die mit so viel Wut, Zorn und Frust sprechen, dass ich Gänsehaut bekomme. 50 km für ne Stelle fahren, ist dann schon zu viel und der böse böse Staat ist sowieso an allem Schuld, weil es jetzt weniger Kinder und demzufolge SuS gibt, durch den Doppeljahrgang gleich zwei Kursstufen Abi machen sowie doppelt soviele Refs im Frühjahr fertig werden. Sind halt keine sooo rosigen Aussichten auf eine feste Stelle. Und wenn man dann nicht bereit ist, darüber nachzudenken, ob man vielleicht irgendwohin zieht, wo die Chancen besser sind, ist das wirklich frustrierend. Da hat man sich grad nen Hund angeschafft sowie das passende Auto dazu - und wer soll's bezahlen? Für vier Monate bis zum nächsten Schuljahr Hartz IV beantragen - auf gar keinen Fall! Da kann man sich ja gleich bei RTLII bewerben. Lieber will man bei Kaisers Regale auffüllen. Na hoffentlich haben die genug Regale für alle 300 Refs! 

Auf meinen Einwand, dass es ja durchaus Bundesländer gibt, die ihr Lehrereinstellungsverhalten gerade überdenken, wird einem entgegengeschleudert "Ich will aber nicht nach Sachsen-Anhalt! Und ich will auch nicht nacht Thüringen!" Das ganze mit so viel Abscheu und Verachtung in der Stimme, dass mir wirklich ganz anders wird. 

Wie gesagt, diese Mobilität ist sicherlich eine Typfrage. Aber man kann sich auch einreden, dass man nicht der Typ dafür ist. Und nu? Nu hat man fünf Jahre studiert, ein Jahr Vorbereitungsdienst absolviert und man regt sich auf, dass der Staat einem im Weg steht, das zu tun, was man gelernt hat. Auch hier mein Einwand, dass es kaum Menschen gibt, die in ihrem ersten Ausbildungsjob arbeiten. "Es interessiert mich nicht, was andere Menschen machen!" Ich sag nur: katholische Religionslehrerinnen.... 

Aber wer Schülerinnen auf ihre Bemerkung, dass Philosophie ganz schön anstrengend sei, weil "die" alles in Frage stellen, entgegnet: "Einfach mal glauben, das ist viel einfacher!" der muss das auch mit den Werten und Normen, die ihr Fach angeblich vermitteln soll, nicht so ernst nehmen. 

Hatte ich hier schon von dem großartigen Dialog berichtet, den wir vor drei Wochen führten? Da meinte die eine Reli-Lehrerin zu mir "Weißte, was mein großer Vorteil dir gegenüber ist?" "Nein, was denn?" "Ich darf als Reli-Lehrerin ja auch Praktische Philosophie unterrichten - du aber NIE Religion!" "Aha" Was soll man darauf auch antworten? Herzlichen Glückwunsch?!

Zusammenfassend: großes Unverständnis meinerseits! Und ich find's wirklich schade, dass sich das so entwickelt hat. Wir sind ja eigentlich schon ne harmonische Gruppe bisher gewesen und nun sorgen diese Zukunftsängste für Ellbogenausfahren, Zickigkeit und Neid. Dabei hat doch keiner auf die Jobaussichten des anderen Einfluss. Ich würd's ja vielleicht verstehen, wenn wir alle dieselben Fächer haben und uns gemeinsam auf eine einzige Stelle bewerben müssten. Aber so kann doch keiner was für, dass einige ihre Chancen schlechter sehen, als andere. Und Jammern hat halt auch noch nie jemanden weiter gebracht. Dann muss man halt schauen, wo die Prioritäten liegen und dementsprechend handeln. Hat aber jeder selbst in der Hand.

Nun ja, ich fahr morgen jedenfalls nach Köln zum Auswahlverfahren des Deutschen Auslandsschuldienstes und schau mal, wie das dort läuft. Mein Wecker klingelt 4:30 - ich freu mich drauf! ;-)

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