Freitag, 14. September 2012

Der Tisch, das unbekannte Objekt


Gestern bei der Supervision (ich nenne es auch gerne "kollektive Jammerrunde") musste ich fast mit Erschrecken feststellen: Es geht mir grad so gut, wie noch nie vorher im Ref. Aachen ist immer noch verregnet und die Arbeit wird mit dem Schulalltag auch nicht weniger, mein Konto ist immer noch im Minus, aber Grund zu klagen, habe ich im Moment überhaupt nicht. Was sehr komisch ist, wenn jeder erzählen soll, was ihn gerade bedrückt oder stresst und man als letzter an der Reihe ist und nichts zu sagen weiß, außer "es geht mir wirklich gut". Nun wäre es keine Supervision, wenn man nicht noch erklären müsste, warum es einem grad so gut geht, wobei ich das eigentlich gar nicht thematisieren wollte. Man muss ja nicht immer alles hinterfragen, sondern sollte einfach mal genießen, was man hat - wer weiß, wie lange es anhält :-)

Vielleicht lag's dann auch daran, dass ich bereits in der ersten Stunde so dermaßen über zwei Schüler lachen musste, dass es einem den Rest des Tages gar nicht mehr schlecht gehen kann. Meine 10er sollten zu Beginn den Tisch vor ihnen beschreiben. Nun ist die Aufgabe für die Schüler natürlich völlig sinnfrei und wenn sie ihre Gedanken dann noch schriftlich festhalten sollen, kann es schon mal albern werden. Und so erhielt ich von eben diesen zwei Schülern (einer von ihnen ist übrigens der Sohn meines Ausbildungslehrers in Geschichte) ein Gedicht:

"Der Tisch ist grau,
mit Flecken in blau,
die Kanten sind abgerundet
und der Tisch hat nicht gemundet.

Viele Kaugummis kleben unter dem Tisch,
und er stinkt nach Fisch,
unsere Sinne haben uns nicht getäuscht,
deswegen sind wir nicht enttäuscht."

Und weil ich es so großartig fand, haben sie es mir direkt überlassen. Mit Signatur und Datum, wie sich das für große Künstler gehört. Jut, der/das Metrum ist ausbaufähig, aber sehr kreativ! Wer sich jetzt noch fragt, welchen Zweck diese Übung wirklich hatte, muss einen Blick hierauf werfen: http://www.loske.org/html/school/philo/russell.pdf

Der Tag heute fing dann fast genauso schön an und dass nicht, weil ich mit Franz Bus gefahren bin (und er mir - Wunder oh Wunder - geraten hat, mit unserem Direktor wegen einer Vertretungsstelle nach dem Ref zu reden), sondern weil meine 5. doch ganz süß ist. Die Philosophie geht ihnen völlig ab, aber putzig sind sie doch. Als es mir dann doch zu chaotisch wurde und ich ermahnend den Zeigefinger hob, während ich drohte böse zu werden, meinte eine Schülerin "Sie sind mit Abstand die liebste Lehrerin an der Schule!" Dass sie erst drei Wochen an der Schule ist und wahrscheinlich nur fünf Lehrer kennt, sei mal dahingestellt ;-) Zum Kringeln auch, als ich zu Beginn der Stunde (wo sie noch ihre Plakate fertig malen durften) hörte, wie einen Schülerin zur anderen meinte "Philosophie ist cool!"; am Ende der Stunde, nachdem ich die Hausaufgaben bekannt gegeben habe, jedoch von derselben Schülerin hörte "Philosophie ist so doof!". Nun ja, man kann's nicht jedem Recht machen :-)

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