Donnerstag, 23. Februar 2012

da waren's nur noch 6!

Gestern die absolute Überraschung: meine Philo-Mitreferendarin hat gekündigt! Ursprünglich kommt sie aus Leipzig, ist dort seit gefühlten 35 Jahren mit ihrem Freund zusammen und so wie ich, nur fürs Ref nach NRW gekommen. Anders als ich, fuhr sie aber fast jedes WE in die Heimat und hangelte sich so durch die Wochen. Dass sie das stresst, das konnte man ahnen, dass sie so darunter leidet, hätte ich nicht gedacht. Nun hatte sie sich für einen Ref-platz in Sachsen und Sachsen-Anhalt beworben, wobei Sachsen-Anhalt am 1.4. beginnt und Sachsen am 1.8. und zur Zeit wohl auch alle Bewerber annimmt (hätte ich das gewusst ;-)). Da selbst die Zeit bis zum 1.8. überschaubar ist, beschloss sie wohl über Karneval, ihre Brücken in NRW abzubrechen. Gestern hatte sie dann das Gespräch mit der Seminarleiterin und dem Direktor, erzählte uns danach von ihrer Kündigung und erhält 5 Minuten später tatsächlich einen Anruf von ihrem Freund, der ihr mitteilte, dass sie zum 1.4. in Sachsen-Anhalt genommen wurde. Schwein muss man haben...

Nun will ich hier nicht so tun, als würde sie mir sonderlich fehlen, aber ein komisches Gefühl ist es schon, wenn sich die Reihen lichten und von ursprünglich acht Referendaren auf einmal nur noch sechs an der Schule sind.

Denn da gibt es auch noch unseren Hahn im Korb, der bereits vor ein, zwei Wochen gekündigt hat, allerdings nicht, weil ihm die Heimat so fehlt, sondern weil er die Schule und den Unterricht nicht als Erfüllung seiner Ziele erkannt hat. Aber auch er hat nicht perspektivlos gekündigt, sondern mit einem Job im Rücken und der Aussicht auf eine neue Ausbildung, die seinen Interessen mehr entspricht. 

Und so saß ich gestern im Bus nach Aachen mit zwei Menschen, die den Abschied von unserer Schule und Aachen gefeiert haben, während man sich selbst mantraartig immer wieder wiederholt: noch dreizehn Monate! Ein bisschen Gänsehautfeeling, muss ich gestehen. Ich freu mich für die beiden, dass sie ihre Ziele konsequent verfolgen und über Umwege das erreichen, was sie glücklich macht. Auf die eine bin ich ein bisschen neidisch, aber mir auch bewusst, dass das mit Berlin nicht klappen würde. Den anderen bewundere ich für seinen Mut, den vielen Lehrern m.M. nach fehlt, weil sie einfach Angst haben, etwas Neues zu probieren. 

Gedanken sollte ich mir jedoch darum machen, dass beide meinen Fachbereichen angehören. Sie war meine Kollegin in Philo, er in Geschichte. Das erinnert mich an meine ersten beiden Arbeitgeber, die beide Insolvenz angemeldet haben und ich bei nem Vorstellungsgespräch neckisch gefragt wurde, ob's da einen Zusammenhang gibt ;-) Ich hoffe doch nicht!

Na gut, die einen packen jetzt ihre Sachen, während ich mich auf den Weg in die Schule mache...

Sonntag, 19. Februar 2012

mitteljung, ledig, arm sucht...

...einen reichen Arzt zum Heiraten oder einen Nebenjob!

Ich hatte schon öfter das Vergnügen mich mit Menschen zu unterhalten, die unser System stürzen wollen, weil alles so sch... sei. Weil mich dann aber auch die Details interessieren, frage ich meist nach, was denn genau geändert werden muss bzw. was sie ändern wollen, damit's ihnen besser geht. Mein letztes Gespräch zu diesem Thema drehte sich dann um das liebe Geld. Das Geld sei die Wurzel allen Übels und allen Menschen ging's viel besser, als es das doofe Geld noch nicht gab. Gestern war ich bei der Bank und dachte genau dasselbe ;-) Schaffen wir das Geld doch einfach ab, dann muss man sich darüber auch keine Gedanken mehr machen.

Bis es soweit ist, bräuchte ich allerdings wirklich langsam mal ne Lösung für dieses klitzekleine Problem. Ich komm da momentan wirklich gar nicht klar und weiß nicht warum. Heute morgen lag ich ne Stunde grübelnd im Bett ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Ein Nebenjob müsste her. Problem dabei ist, dass Nebenjobs genehmigt werden müssen und auf 6 Stunden pro Woche beschränkt sind. Nun läuft man hier durch die Straßen und sieht häufig Schilder, die verkünden, dass Aushilfen gesucht werden. Mir wäre die Art des Jobs ja auch völlig egal. Ob ich am Wochenende in der Kneipe arbeite oder unter der Woche abends bei Kaisers Regale einräume - mach ich alles. Allerdings werden kaum Nebenjobs genehmigt. Eine Kollegin arbeitete während ihres Studiums bei H&M in Bonn und wollte diesen Job weiter machen, da sie an ihren freien Tagen sowieso in Bonn ist. Nicht genehmigt. Entspricht nicht dem Bild einer Lehrerin. Weil ja so viele Schüler nach Bonn zu H&M fahren... Und weil das ja auch ein ganz schlimmer Job ist, Blusen aufzuhängen und an der Kasse zu stehen. DAS gebührt sich ja nun wirklich nicht! Nachhilfe könnte man doch geben. Will man aber nicht, weil das noch mehr Arbeit verursacht und sich am Ende wieder nicht lohnt. Gerade weil man mit der Schule genug zu tun hat, böte sich eben ein Job an, der kein Nachdenken erfordert. Den man einfach ein paar Stunden macht und dafür Geld bekommt. Ohne Vor- oder Nacharbeit. 

Heute morgen dachte ich dann, ach egal, fragste einfach bei Kaisers und sagst es niemanden. Da fiel mir aber das Problem mit der Lohnsteuerkarte ein und dass die Gefahr, dann doch gesehen zu werden, nicht ganz unrealistisch ist. Und ich habe keine Ahnung, was passiert, wenn man so was heimlich macht und erwischt wird. Entlassung aus dem Staatsdienst?

Aber ich brauche Geld! Ich bin der Meinung, ich lebe auf keinem allzu großem Fuß (es gibt sicherlich Leute, die das anders sehen). Klar geht man mal aus, aber ich finde, es hält sich echt in Grenzen. Ständig hat man Ausgaben, die man vorher nicht so sah. Sei es Druckerpatronen, Schulbücher, Folien, Stifte, Mist. Essen, Zigaretten, Wein. Gut, am ersteren spare ich schon wie verrückt ;-) Versicherungen, Nebenkosten, Miete und irgendwann will man auch mal nach Berlin fahren. Hinzu kommt, dass ich zwar geradeso hinkomme bis zum Monatsende, aber a) meinen Eltern die Umzugskosten irgendwie irgendwann zurückzahlen will/muss und b) ich definitiv nächstes Jahr wieder hier weg will und dafür auch langsam anfangen sollte, zu sparen. Sei es ein Umzug zurück nach Berlin oder ins Ausland. Hier bleibe ich mit Sicherheit nicht. Es nervt mich, mir darüber Gedanken machen zu müssen, ohne eine Lösung zu finden!

Wenn jemand eine Idee hat, immer her damit! Momentan überlege ich ernsthaft, meinen vorherigen Arbeitgeber zu fragen, ob ich nicht in den Ferien dort arbeiten könnte. Aber das ist steuerrechtlich mit Sicherheit nicht so einfach :-( 

Das macht mich grad unleidlich! Hoffentlich kommt Patrick bald aus Düsseldorf und lenkt mich ein wenig ab...


Tinkerbell in Kölle

Nun war's gestern so weit. Ich war das erste Mal beim Karneval in Köln. Und ich denke, es war auch das letzte Mal...

Eigentlich fing's ganz gut an. Meine Mama hat mir Kostüme geschickt, mit denen ich die nächsten 25 Jahre ausgestattet bin und nach langem Hin und Her habe ich mich für das Tinkerbell-Kostüm entschieden. Mit Flügeln (die's übrigens nicht heil zurück geschafft haben ;-))! Patrick hat den Vampirtrend aufgegriffen und mit künstlichem Blut rumgesaut, sah aber gut aus. Schön ein Sektchen beim Fertigmachen getrunken und dann ab in den Zug Richtung Köln. Kurz vor 14 Uhr und immer schön mit Alkohol. Angekommen, Massen an Menschen am Hauptbahnhof unterwegs, los Richtung - wohin auch immer. Helene und Co. haben wir auf dem Weg verloren und so haben wir uns selbst auf die Suche nach der Party gemacht. Und...ich war echt enttäuscht. Vielleicht waren wir am falschen Ort oder am falschen Tag unterwegs. Ich hab's mir jedenfalls anders vorgestellt. Ich dachte, da sind überall Umzüge und feiernde Menschen auf den Straßen. Naja. Schlussendlich waren wir in drei Kneipen. Die erste war echt nett, da war auch richtig was los, aber man konnte sich kaum drehen, so voll war's dort. In der zweiten lief tatsächlich Fußball als wir ankamen, was zum Glück bald vorbei war, aber die Stimmung hielt sich trotz vieler Menschen in Grenzen. Und in der dritten Kneipe ging's mir dann irgendwie gar nicht mehr gut. Da wäre es bestimmt nett gewesen, aber da stieß ich plötzlich an meine Grenze. Da half auch nicht die mehrfache Betonung Patricks, dass es erst halb Zehn sei. Er wollte bleiben, ich nach Hause. Fand ich doof. Mir tat's um Patrick echt leid, denn der ist ja extra für den ganzen Spaß hergefahren. Aber wer mich unleidlich kennt, weiß, dass es besser ist mich dann gehen zu lassen ;-) Hat er auch getan. Und dank moderner Kommunikationsmittel weiß ich, dass er nachts gegen drei nach Düsseldorf gefahren ist und heute irgendwann zu mir gefahren wird. Auf die Hintergrundgeschichte bin ich jetzt schon gespannt! Aber scheinbar hatte er noch viel Spaß, was mein schlechtes Gewissen beruhigt. 

Ich bin dann Richtung Hauptbahnhof und dabei mit vier verschiedenen U-Bahnlinien gefahren. Immer schön um den Bahnhof drum rum... Komisches System haben die da. An mir lag's bestimmt nicht ;-) Am Bahnhof angekommen dann 35 Minuten Wartezeit totgeschlagen, kein Buch dabei, kurz vorm Einschlafen. Gefällt mir nicht. In der Bahn dann tatsächlich kurz weggedöst, bis der Schaffner kam. Man muss dazu sagen, dass Patrick und ich ein "Schönes-WE-Ticket" hatten auf dem unsere beiden Namen standen. Der Schaffner schaut auf das Ticket und erzählt mir was von wegen Betrugsdelikt, weil Patricks Name ja wohl eindeutig früher auf dem Ticket stand und meiner nachträglich draufgeschrieben wurde. Wo denn der Patrick wäre. Seufz... Ich war einfach zu fertig um zu diskutieren. Ich weiß nur noch, dass der Schaffner immer wieder meinte, er müsse mich anzeigen wegen Betrugsversuch und ich ihm immer wieder gesagt habe, dass ich auch nicht weiß, wie ich ihm jetzt das Gegenteil beweisen kann. Irgendwann hat er aufgegeben und ist weitergegangen. Ich hätte ja nix dagegen gehabt, wenn er mich mitgenommen hätte. Dann wäre die Polizei gekommen und ich wäre entweder in eine warme Zelle gekommen oder sie hätten mich heimgefahren. Wäre besser gewesen, als dann noch mal ne halbe Stunde auf meinen Bus zu warten, wobei ich mich, glaube ich, erkältet habe :-(

In diesem Sinne: Kölle Alaaf...

Dienstag, 14. Februar 2012

Wie heißt du noch gleich?


Ach, ich liebe es Schüler in Verlegenheit zu bringen. Wenn ich sie erst mal mit meinem netten, verständnisvollen Wesen hinters Licht geführt habe und sie dann mit meinen Wünschen und Vorhaben in Aufruhr versetze. So auch heute in meiner allerallerersten Stunde als alleinige Herrscherin...äh, ich meine Lehrerin. Die 9. Klasse in Praktischer Philosophie. Ein wilder Haufen zusammengewürfelt aus vier 9. Klassen. Halt all diejenigen, die sich weder für evangelische noch katholische Religion interessieren. Sind mir von Haus aus erst einmal sympathisch ;-)

Jedenfalls habe ich Fotos gemacht - von jedem einzelnen Schüler. Ich wurde angefleht, es wurde gebettelt, geflucht, nach Ausreden gesucht, aber nichts half. Alle mussten einmal mit mir vor die Tür und nett in die Kamera lächeln. "Ich kann das nicht, wenn Sie so lachen dabei" wurde mir vorgeworfen. Oder auch "Aber Sie kennen mich doch schon aus Geschichte!" Ich glaube, wir müssen mal über das Thema Gerechtigkeit reden...

Egal, die Stunde war wirklich lustig und sehr angenehm. Zwar sind sie mitten in der Pubertät, was schon zur Drohung führte, dass ich bald Änderungen im Sitzplan vornehme (hehe), aber sie haben wirklich gut mitgemacht. Ich wusste zeitweise gar nicht, wen ich zuerst drannehmen soll, weil sich so viele gemeldet haben. Aber damit kann man ja Lehrer sehr glücklich machen!

Und weil sie so lieb waren, durften sie auch meinen Plan für die nächsten Wochen umschmeißen, so dass wir jetzt statt "Freiheit" über "Gesetze" reden werden. Einen Streberjungen/Schleimerkind habe ich auch schon ausgemacht...wenn die Kids nur wüssten, dass das die meisten Lehrer gar nicht wollen bzw. die frechen Kids viel lieber haben. Na, vielleicht kann man ihm das mal indirekt beibringen. "Ich hatte bisher immer eine Eins" *brech* Nachdem ich erklärt habe, dass ich die alten Noten gar nicht wissen will, so hat jeder ne Chance auf einen Neuanfang.

Warum ich das Lied heute ausgewählt habe, darf sich jeder selbst ausdenken :-) 

Achja, "Unheilig" hört man in der 9. Klasse (noch) nicht (mehr). Nachdem ich meinte, ich könne jede Stunde Musik hören, fragte mich ein Mädel doch allen Ernstes, ob sie mp3 im Unterricht hören dürfe. Äh...nein :-)

Und heute geht's als Aufsicht zum Mittelstufenball. Mal sehen, ob man betrunkene Schüler in den Ecken findet, die den Schnaps von Papi gefunden haben...

Freitag, 10. Februar 2012

Neues Halbjahr, neues Glück


Bei der Band war ich letzten Samstag auf einem Konzert. Und da die für ne Cover-Band echt gut waren und man sie sich merken muss, halte ich das hier einfach mal fest :-) War total lustig, weil das Konzert in nem kleinen Kaff in der Nähe von Aachen war und das Publikum zu Beginn überhaupt nicht typisch für diese Musik. 

Heute gab's Stundenpläne! 

Und so richtig begeistert bin ich nicht... Zwar gibt's alle zwei Wochen einen freien Tag, aber gerade die A-Woche wird wirklich heftig. 14 Stunden eigener Unterricht plus drei Seminare. An sich nicht schlimm, aber man weiß ja mittlerweile wie lange man an der Unterrichtsplanung sitzt, da ist dann nur sehr gutes Zeitmanagement hilfreich. 

Aber nachdem es erst so aussah, als könnte ich keinen Kurs von meinem Ausbildungslehrer in Geschichte übernehmen, weil sich alles mit meinen eigenen Stunden überschneidet, hat er sich heute zu einer Art Teamteaching bereit erklärt. D.h. ich unterrichte den Kurs drei und er die anderen beiden Stunden. Mal sehen, ob er dann einfach andere Themen behandelt oder ob wir uns jede Woche absprechen müssen, was er gemacht hat und womit ich weiter machen muss/soll/kann. Das freut mich u.a. deshalb so, weil ich den Mädels aus meinem Philo-kurs damit ihren Wunsch erfüllen kann und weil es ein Leistungskurs ist, von denen es nicht allzu viele gibt. Ich glaube in der 11. sogar nur den einen. 

Der Unterricht unter Anleitung für Philo steht auch schon fest. Auch hier kommt nur ein Kurs in Frage und dass ist der, den ich schon die letzten zwei Monate unterrichtet habe. Einen Wehmutstropfen gibt's dann allerdings schon, denn mein Ausbildungslehrer macht mit denen jetzt Rousseau sowie Hobbes und meldet sich dann rechtzeitig, wenn ich mit KANT weiter machen darf. Kant! Ich! Hilfe! Er ließ sich leider nicht erweichen, mit der Begründung, dass ich das auch können muss. Hat er ja Recht, aber so richtig erfreut bin ich nicht darüber. Aber dann hab ich danach wenigstens das Schlimmste hinter mir... ;-)

Außerdem hatte ich diese Woche drei Feedbackgespräche:

1. Mit dem Rektor der Schule: positiv - gutes Lernklima, angemessenes Niveau, kreative Aufgaben, Lehrerpersönlichkeit; negativ - stockende Übergänge, zu viel gelobt, in der Vertiefung zu wenig vertieft. Kann man mit leben.

2. Mit dem 11er-Philokurs: positiv - Gruppenarbeit, man konnte Fragen stellen und hat eine verständliche Antwort bekommen, hat Interesse geweckt, Abwechslung; negativ - zu lange Texte. Das war wirklich witzig bei denen. Meine Frage war "Welche Kriterien braucht eurer Meinung nach guter Unterricht?" Sagt ein Mädel "Sie!" Ich wiederhole mich, aber ich könnte diesen Kurs knutschen! Ich habe irgendwann darauf bestanden, dass mal was Negatives über meinen Unterricht gesagt wird, weil ich nur durch Kritik lernen kann und es ja nix nützt, wenn sie mir nur nette Dinge sagen. Antwortete eine Schülerin, dass ihr die Texte zu lang waren, woraufhin aus einer anderen Ecke gerufen wurde "Da kann doch aber die Frau W. nix für!" Naja, kann sie schon...aber die Zeit drängt doch!

3. Heute mit der 9. in Geschichte. Da hab ich allerdings direkt und ausschließlich nach negativen Dingen gefragt: sie wollen öfter mit dem Buch arbeiten und es nervt, wenn man ständig das Licht aus- und anmachen muss, wenn etwas auf den OHP gelegt wird. Jut, das kann man ja tatsächlich ändern. Aber leider kann ich bei denen nicht weitermachen, weil auch hier der Stundenplan mit meinem kollidiert :-(

Auch eine nette Anekdote des heutigen Tages. Ich laufe durch den Flur, komme an einer offenen Tür vorbei, sehe einen 10er Kurs dort sitzen, ohne Lehrer und laut schnatternd. Geh ich rein, frag ob alles in Ordnung ist bei ihnen. "Ah Frau W., wir haben jetzt bei ihnen Geschichte!" Na das wüsste ich aber. Dann müssen die heute erfahren haben, welche Lehrer sie ab nächsten Montag bekommen, denn es entspann sich folgender Dialog:

S: Frau W., haben wir Sie dann in Geschichte?
ich: Wenn du im ge4-Kurs bist, ja!
S: Ja bin ich. Na da können Sie sich auf was gefasst machen! (grinst)
ich: Soll das jetzt ne Drohung sein, oder was? (grinst auch)
S: Nee, war ein Spaß!
ich: Na, das will ich auch hoffen!
S: Schauen Sie Filme im Unterricht?
ich: Ab und zu.
S: Frau W., dann mag ich Sie!
ich: Aber wenn wir Filme gucken, dann bekommt ihr einen Beobachtungsauftrag. Nur zugucken und träumen ist dann nicht.
S1: ja klar, kein Problem
S2 (mustert mich): ich beobachte IMMER!

War wirklich lustig! So hab ich gleich mal ein paar meiner zukünftigen Schüler kennengelernt, die mir gar nicht so unsympathisch waren. Frech mag ich ja, solange sie im entscheidenden Moment auch wieder Ruhe geben. Aber das wird sich im nächsten halben Jahr ja rausstellen...

Mittwoch, 8. Februar 2012

Selbstfindung


Irgendwer meinte irgendwann mal, dass das Referendariat eine Art Selbstfindung sei. Man wird ständig damit konfrontiert, was man ist, wie man sein möchte, was man sein soll, befindet sich also in einer permanenten Selbstreflexion, die man bei ständiger Fremdbeurteilung gar nicht umgehen kann. Und das stimmt! Wenn am Ende dann die wahre Persönlichkeit zutage kommt, hat man's geschafft (oder so ähnlich). Welche Persönlichkeit das bei mir sein wird? Momentan scheint es eine zu sein, mit der ich nicht gerechnet hätte. Aber ich stelle immer wieder fest, dass ich mich nichts und niemanden beugen möchte. Ich will mein Rückgrat behalten, meine eigene Meinung und mein Denken. Das mag nicht immer richtig sein, aber es ist eben meins.

Diesen Grundsatz haben nicht alle Kolleg(inn)en. Und so läster ich jetzt hier das erste Mal über eine Mitreferendarin, bei der ich mich bis heute immer bedeckt gehalten habe, weil ich kein böses Blut wollte und vor allem, weil ich mich selbst schützen wollte. Fange ich nämlich einmal damit an, dann wird es schwierig wieder rauszukommen. 

Blöd nur, dass besagte Kollegin nicht nur an meiner Schule ist, sondern auch noch mein Zweitfach teilt. Und da ich in diesem Fachbereich ja eh schon "verloren" habe, macht es die Antipathie zur Leidensgenossin nicht besser. Es ist nämlich so, dass sie quasi bis zu den Knien in den Hintern der jeweiligen Autoritätspersonen verschwindet. Das kennzeichnet sich durch wirklich permanentes Nicken, wenn der Ausbildungslehrer oder der Fachbereichsleiter redet aus und - was noch schlimmer ist - durch Verdrehen von Tatsachen, wenn man glaubt zu wissen, was der andere hören möchte. Da erzählt sie z.B. dem Ausbildungslehrer vom Seminar und ich stehe daneben, fragend ob ich im selben Seminar war, weil ich das so nicht mitbekommen habe. Umgekehrt selbstverständlich dasselbe. Der Ausbildungslehrer sagt, macht das so und so. Ich bin die Doofe, weil ich nachhacke und sie nickt, bevor sie sich umdreht und beim Rauchen über ihn lästert. Da werden ganze Stundenziele abgeschrieben und Zitate auswendig gelernt, weil man damit beeindrucken möchte. Im Seminar wird dafür das Leid an der Schule beschrieben, damit man evtl. Fehler in den Unterrichtsbesuchen schon im Vorfeld rechtfertigen kann.

Ich will hier nicht falsch verstanden werden. Ich bin da durchaus in der Lage zu differenzieren. Es ist das eine, eine Sache stumm hinzunehmen, weil man keinen Sinn darin sieht es auszudiskutieren. Zugegeben, diese Fähigkeit ist bei mir nicht sehr stark ausgeprägt und daran muss ich einfach arbeiten. Es ist aber ne andere Sache, jemanden nach dem Mund zu reden, Tatsachen dafür zu verdrehen und sich hinterm Rücken darüber aufregen. Das geht nicht! 

Heute im Fachseminar gab's nen Riesenanschiss vom Fachseminarleiter, weil wir geplante Unterrichtsreihen vorstellen sollten und wirklich keiner daran gedacht hat ne Präsentation zu machen oder auch nur eine Folie mitzubringen. Er hatte es im Vorfeld nicht gesagt (wir wollen ja nicht wie Schüler behandelt werden) und wir haben, aus welchem Grund auch immer, einfach nicht daran gedacht. Da gab's richtig was auf den Deckel. Ich habe irgendwann gemeint, dass ich mich zu unrecht runtergeputzt fühle, weil vorher niemandem so richtig der Ablauf klar war, grad alle nicht viel Zeit haben (wegen der Unterrichtsbesuche) und er es einfach das nächste Mal sagen soll, was er eigentlich will. Mir war das einfach zu viel. Ich konnte seine Argumentation durchaus nachvollziehen, habe das auch gesagt, aber irgendwann ist es dann auch wieder gut. Er sagt selbst, es gibt keine Regeln bei ihm, dann soll er sich auch nicht beschweren, wenn bestimmte Sachen nicht so laufen, wie er sie sich vorgestellt hat. Besagte Kollegin konnte sich zurücklehnen, da sie die letzten Wochen krank war und damit nicht beteiligt, andere haben die Schuld sofort auf sich genommen, die meisten haben geschwiegen. Gut und schön, irgendwann war's vorbei und wir durften eine kurze Pause machen. Beim Rausgehen sagt dann die Kollegin zu mir: "Du musst wirklich mal aufpassen was du sagst. Du reitest dich immer so in die Sch..., die dann an dir haften bleibt." Lag mir schon auf der Zunge zu sagen, dass das immer noch besser ist, als den Leuten in den Hintern zu kriechen. Ich meinte aber nur, dass ich das nicht so sehe. Gegenantwort: "Na das musst du wissen. Ich wollte das nur für mein Gewissen loswerden, damit es dann nicht heißt, ich hätte dich ins offene Messer laufen lassen". Im zweiten Teil des Seminars war ich so wütend über diese Aussage, dass ich mich gar nicht mehr konzentrieren konnte.

Noch mal. Klar sollte ich lernen ab und an mal meine Klappe zu halten. Aber lieber ertrage ich die Meinung eines anderen, der sagt, ich bin ne blöde Kuh, aber ehrlich, als dass ich im Staub krieche, weil ich glaube, der andere könne keine Gegenmeinung vertragen. Ich hab dann noch mit ein paar anderen geredet, die mir - zum Glück - versichert haben, dass sie das nicht schlimm fanden und auch nicht den Eindruck hatten, als dass ich jetzt mein Grab geschaufelt hätte. Ich persönlich glaube sogar, dass der Fachseminarleiter durchaus in der Lage ist solche Diskussionen vom Unterricht, den er bewertet abgrenzen kann. 

Nun bin ich wahrscheinlich hier nicht besser. Ich könnte platzen, wenn ich an das Mädel denke und trotzdem sag ich's ihr nicht ins Gesicht. Was aber rein praktische Gründe hat. Schlussendlich haben wir im Schulalltag miteinander zu tun und da wäre Zickenkrieg nicht wirklich förderlich. Es ist ja nicht so, als hätte man nicht schon genug Probleme mit denen man zu kämpfen hat. Vielleicht ist sie die ganze Aufregung auch nicht wert. Mit Sicherheit sogar. Aber ich musste das heute unbedingt loswerden, sonst frisst mich das auf. Und dafür ist der Blog ja auch gedacht. Dinge loszuwerden, die man im Alltag so nicht sagen kann.

Donnerstag, 2. Februar 2012

2/10 - Applaus, Applaus!


So, hab ich jetzt auch die zweite Lehrprobe hinter mir bzw. die erste in Geschichte. Und was soll ich sagen? Ich schwöre, ich habe die Schüler nicht instruiert oder bestochen, damit sie am Ende der Stunde applaudieren!!! Der Wahnsinn! Auch wenn sie mir damit sicherlich nur einen Gefallen tun wollten, hätten sie's doch bestimmt nicht gemacht, wenn ihnen die Stunde gar nicht gefallen hätte.

Aber auch hier schön der Reihe nach. Heute war ich ja erst zur 5. Stunde dran und bin nach der 4. direkt zum Klassenzimmer, um ein bisschen für Ordnung zu sorgen. Und wer hatte vorher im Unterrichtsraum? Ein Teil meiner Mädels aus dem 11er-Philo-Kurs. Die wussten komischerweise schon, dass in der darauffolgenden Stunde eine Lehrprobe stattfindet und waren ganz erstaunt, dass es schon wieder mich getroffen hatte. Und so waren sie auch ganz besorgt, haben nachgefragt, welches Fach und welche Klasse und mir viel Glück gewünscht. Ich könnte sie dafür herzen! Dann stürmten auch schon die ersten Jungs aus der 9.Klasse rein und ich höre, wie einer zum anderen sagt "Guck mal hier der Papiermüll auf dem Boden. Das müssen wir wegräumen, das geht doch nicht zur ner Lehrprobe!" Musste ich ja schon schmunzeln :-)

Und ebenfalls wirklich sehr witzig, die Tatsache, dass meine Sorge, wir könnten nicht pünktlich beginnen, völlig unbegründet war. Normalerweise brauchen die nämlich immer ewig, bis sie mal zur Ruhe kommen. Und heute waren sie schon so pünktlich da, dass die komplette Mannschaft zwei Minuten vorm Klingeln vor  mir stand und zur Begrüßung bereit war. Hab ich natürlich ausgenutzt. Einen kurzen Aussetzer hatte ich dann, als nach zehn Minuten der Direkter den Klassenraum betrat. Den hatte ich zwar eingeladen, aber da er Montag auch nicht da war und zum Beginn der Stunde ebenfalls nicht, hatte ich das schon abgeschrieben. Hat er natürlich meinen Einstieg verpasst, der grandios lief. Nachdem mir der Fachlehrer erzählte, ich solle mich drauf einstellen, dass die Schüler nix sagen, wussten sie direkt, dass es das Recht auf Widerstand im Grundgesetz seit 1949 gibt, dass dieses Recht von den Nazis abgeschafft wurde und man mit der Verankerung im Grundgesetz eine Wiederholung der Geschichte vermeiden will. Und das alles, ohne dass ich eine einzige Frage dazu gestellt hatte! Da war ich so baff, dass ich aus dem Loben gar nicht mehr rauskam, was meinen Fachseminarleiter dazu veranlasste zu sagen, dass ich sowas nicht übertreiben darf. Aber es kam einfach aus tiefstem Herzen!

Leider habe ich die Stunde trotz vorzeitigem Beginn um 7 Minuten überzogen, was mir im Examen natürlich nicht passieren darf. Aber die waren so in ihrer kreativen Aufgabe gefangen ("Stelle dir vor du bist Sophie Scholl....(kurze biografische Daten). Welche Möglichkeiten zum Widerstand hast du?), dass ich das unmöglich ausbremsen wollte. Am Ende habe ich meine obligatorischen Dankesworte gesprochen und daraufhin fingen sie an zu klatschen. Ich glaube, ich bin ein bisschen rot geworden ;-)

Im Nachgespräch lief's nicht ganz so locker, wie bei den Philo-Nachbesprechungen, aber auch nicht schlimm. Er hält sich einfach sehr ans Protokoll, hat mir einige Alternativen aufgezeigt, aber mein Vorgehen auch gelobt. War alles gut durchdacht, gut begründet, "im Examen wäre es auch einen ordentliche Stunde gewesen". Meine Lehrerpersönlichkeit wäre gut, was der Applaus auch beweisen würde. Lustigerweise fielen öfter Sätze, die anfingen mit "Man merkt, dass sie auch Philosophin sind". Er fand es toll, dass ich mit den Schülern Begriffsdefinitionen übe, das machen nicht alle Geschichtslehrer - da kommt dann wie gesagt das Zweitfach durch. Note gab's diesmal nicht, was aber auch nicht wild ist. Bestanden hätte ich wohl, das reicht mir völlig! Jetzt muss ich nächste Woche zwei Kuchen backen. Eigentlich wollte ich die 9. mit Keksen abspeisen, aber das geht ja jetzt nicht mehr :-)

Der Direktor war bei der Nachbesprechung nicht dabei, meinte aber nach der Stunde, ich solle bei Gelegenheit mal bei ihm vorbeikommen. Grad eben hatte er keine Zeit und nun muss ich bis Dienstag warten (morgen hab ich den ganzen Tag Seminar und Montag ist Zeugniskonferenz). Da bin ich gespannt wie ein Flitzebogen, weil ich den überhaupt nicht einschätzen kann! Aber auch hier werde ich sicherlich berichten. 

Und nun genieße ich die Sonne und die freie Zeit. Unterricht zu planen gibt's erst mal nicht, nächste Woche steht nur noch einmal die 9. auf dem Plan, ansonsten werde ich hospitieren, Kuchen essen und weiter an meiner Planung für das nächste Halbjahr arbeiten. Zur Belohnung gibt's gleich eine Apfel-Curry-Suppe, worauf ich mich schon seit gestern freue. 

Hach, hoffentlich hält dieses Glücksgefühl noch lange an!

Mittwoch, 1. Februar 2012

Zur Freiheit verurteilt


Morgen steht meine zweite Lehrprobe an! In Geschichte, 9. Klasse, Widerstand im Nationalsozialismus. Und weil mein Geschichtslehrer total entspannt ist, hat er bereits gestern abend meinen Planungsentwurf abgesegnet, mit den Worten er fände ihn prima und das wird schon werden. Das verschafft mir heute einiges an ungewohnter Freizeit, die ich eigentlich damit verbringen wollte, mal wieder aufzuräumen, zu putzen und diverse Unterlagen abzuheften. Was ich bisher davon gemacht habe? Äh...nichts. 

Stattdessen habe ich mich einer Aufgabe zugewandt, um die ich früher oder später nicht herumkomme und die schon wieder was mit Schule zu tun hat. Wir entwerfen in unserem Philo-Fachseminar grad eine Unterrichtsreihe zum Thema Anthropologie und ein Mit-Referendar und ich haben die Aufgabe, eine Reihe in der Reihe zum Thema Existentialismus vorzubereiten. Glücklicherweise hatte besagter Mit-Ref bereits einen Plan plus Material in petto (weil schon mal unterrichtet) und so bleibt die Aufgabe an mir, alles schick zu machen. Ich hab da ja die Macke, dass ich keine Texte rausgebe, die nicht einheitlich aufbereitet sind. Zum Glück beherrsche ich das 10-Finger-Schreibsystem. Los geht's in der ersten Stunde mit "The Doors: Riders on the Storm". Grandios! Ich stelle mir vor, wie die Schüler gucken, wenn in der Mitte des Liedes gefühlte 35 Stunden lang nicht gesungen wird (ich mag nicht von Gitarrensolo sprechen, weil ich mir nicht sicher bin ;-)). Dann kommen zig Stunden mit Texten von Sartre und der Abschluss bildet eine Stunde zum Lebensgefühl der 50er: Halbstarke, "Exis" und Teenager. 

Ich hab Sartre bisher nicht gelesen und verzweifel schon jetzt an Sätzen, wie:

"Indessen bin ich selbst dort die Zukunft; zu ihr hin werde ich an der Wegbiegung sogleich sein, strebe mit allen Kräften, und in diesem Sinne besteht bereits eine Beziehung zwischen meinem künftigen und meinem gegenwärtigen Sein. Aber in das Innere dieser Beziehung hat sich ein Nichts geschlichen: ich bin nicht der, der ich sein werde. Zunächst bin ich nicht er, weil mich die Zeit von ihm trennt. Ferner weil, was ich bin, nicht die Grundlage dessen ist, was ich sein werde. [bis hierhin noch verständlich, aber jetzt kommt's] Da ich indessen schon bin, was ich sein werde, so bin ich derjenige, der ich in der Weise, er nicht zu sein, sein werde."

Wie geil ist das denn? Versteht das irgendwer? Habe ich tatsächlich Philosophie studiert?!