...macht man's falsch?
Seit zwei, drei Wochen denke ich ab und zu daran, ob die Entscheidung die Philo-12er ins Examen mitzunehmen, die richtige Entscheidung ist. Nicht wegen der Schüler. Die freuen sich größtenteils darauf. Zumindest die, die ich bereits im letzten Jahr unterrichtet habe. Seit ein paar Wochen sind ein paar Schüler aus dem Parallelkurs hinzugekommen, die ich noch nicht so recht einschätzen kann. Sie bereichern den Kurs zumindest nicht mit Intelligenz und rascher Auffassungsgabe. Aber damit könnte ich auch leben.
Mein Problem ist eher - mal wieder - Franz. Und heute erreichte das dann seinen Höhepunkt. Nicht im Sinne eines Streits mit ihm, sondern eher indirekt. Ich hatte nämlich wieder seinen 10er-Kurs im Unterricht. Ich komme also im Raum an und teile den Schülern mit, dass Franz später kommt. Daraufhin meldeten sich gleich drei Mädels, die mich fragten, ob sie mal mit mir über Franz sprechen könnten. Ich ahnte bereits, worauf das hinauslaufen sollte, habe es aber zugelassen. Und so durfte ich mir anhören, dass sie sich von ihm ungerecht behandelt fühlen, er sie ständig kollektiv bestraft, sie zwar wissen warum, es aber nicht fair finden. Nun ist ja klar, dass Schüler sich eigentlich immer irgendwie ungerecht bestraft fühlen, aber in dem Falle konnte ich das ganz gut nachvollziehen. Vorneweg: es handelt sich um einen zwar lieben, aber auch sehr unruhigen Kurs. Das führte nun schon ein paar Mal dazu, dass ich sie unterrichtet habe und Franz irgendwann aus der letzten Reihe lautstark zu schimpfen begann, Strafarbeiten androhte oder verteilte. Regelmäßig verspricht er mir, sich in der folgenden Stunde zurückzuhalten, es dann aber nicht aushält. Wir haben da eine sehr unterschiedliche Toleranzgrenze, was das angeht. Vor allem, weil ich ihm regelmäßig erkläre, dass meine Taktik eher darin besteht, die Unruhe auszusitzen und sie nach und nach mit spannenden Themen ruhiger zu bekommen. Ob das funktioniert - keine Ahnung. Ich weiß aber, dass ich in meinem Kurs noch nie böse geworden bin und bis auf ein paar Hanseln alle ruhig sind, arbeiten und wir ein wirklich gutes Kursklima haben. Diese Intervention dauerte dann 15 Minuten, ich fragte sie, ob sie ihm das nicht mal selbst erzählen wollen und begann dann mit dem Unterricht. Und bis auf die letzten fünf Minuten war's ein wirklich gutes Arbeiten. Franz kam irgendwann auch dazu und erzählte mir danach, dass ihm die Arbeitsathmosphäre heute gut gefallen hat. Nun musste ich ihm aber trotzdem von diesem Gespräch erzählen, woraufhin er als erstes fragte, ob die Schüler fachlich unzufrieden sind oder auf sozialer Ebene. Natürlich nicht auf fachlicher Ebene. "Dann ist's ja gut! Weißte J., die wollen dich nur einlullen, weil sie wissen, dass du auf jeden eingehst. So idealistisch war ich auch mal, das hört bei dir auch auf!" Auf meine Antwort, dass ich es an seiner Stelle schon ernst nehmen würde, wenn Schüler mir erzählen, dass sie sich wie Hunde behandelt fühlen, antwortet er, dass er dann ja in der nächsten Stunde Hundefutter mitbringen könnte.
Nun ist das für ihn sicherlich auch eine komische Situation, weswegen ich solche Kommentare als Selbstschutz betrachte. Ein Lehrer, der sich von der Referendarin erklären lassen muss, was seine Schüler von ihm denken. Zumal - und jetzt komme ich zu meinem Examensproblem - am Dienstag auch schon die 12er zu mir kamen und mir ähnliches erzählten. Ich unterrichte die ja nur alle zwei Wochen und am Dienstag hatten sie mit Franz alleine. Auf meine Nachfrage, was denn los gewesen sei, meinten sie, er hätte sie eine Strafarbeit schreiben lassen, weil ihm ihr Verhalten in meinem Unterricht letzte Woche nicht gepasst hat.
Nun kann ja jeder Lehrer mit seinen Schülern umgehen, wie er will, was mir egal sein könnte. Wenn ich nicht Angst hätte, dass er ihre Lernbereitschaft bis zum Februar völlig untergraben könnte, indem er alle zwei Wochen zetert und schimpft. Denn schlussendlich läuft's darauf hinaus: entweder die Schüler sind dann so froh, wenn sie bei mir Unterricht haben (was aber nicht dauerhaft funktioniert, wenn sie in der nächsten Woche von ihm eins auf den Deckel bekommen) oder sie nehmen irgendwann eine Nullbockhaltung ein. Dann wird's im Examen aber sehr schwierig. Gerade weil es eben kein Deutsch-LK ist, wo jeder alleine schon wegen des bevorstehenden Abis halbwegs aufmerksam sein muss, sondern ein Nebenfach, in dem grad mal zwei Schüler geprüft werden. Die anderen 18 Schüler müssen aber nur durchhalten und keine 5 bekommen, mehr nicht.
Hinzu kommt mein Wissen aus der Erfahrung, dass eine Stundenvorbereitung für eine Lehrprobe (oder dann für's Examen) mit Franz ziemlich anstrengend ist, weil er so pingelig ist, dabei aber auch so furchtbar zerstreut und verpeilt. Zugegeben, fachlich ist er ja nicht blöd, aber authentischer Unterricht ist es dann für mich auch eher selten. Hier weiß ich gar nicht, wie ich das beschreiben soll. Wir verstehen unter Philosophieunterricht eben immer noch etwas ganz anderes. Wo ich der Meinung bin, dass Schüler auch mal selbst philosophien sollen, hält er sich konsequent an die Textanalyse, über den kann dann gerne im Anschluss diskutiert werden. Bspw. war er mit dem Gerichtsprozess "Gibt es Sie, Mr. Johns?" nicht wirklich zufrieden, weil es kein philosophischer Text ist. Dass dieser Text aber zum Selbst-Philosophieren anregt, will oder kann er einfach nicht verstehen.
Zusammengefasst gibt es also zwei Probleme: die drohende Demotivation der Schüler mit Blick auf den Philosophieunterricht und die drohende Auseinandersetzung bei der Stundenplanung.
Positiv an den 12ern im Examen ist aber eben auch seine Pingeligkeit und sein Fachwissen sowie - und das ist fast wichtiger - es ist einfach beeindruckender einen 12er_krus zu zeigen, der kurz vorm Abi steht.
Die Alternative wäre mein 10er-Kurs. Und die alleinige Planung fürs Examen. Allerdings hat das in Geschichte ja auch ganz gut funktioniert...
Nur, wie sag ich Franz das? Wäre das wirklich die richtige Entscheidung oder soll ich doch in den sauren Apfel beißen? Immerhin droht auch die Gefahr, dass mein 10er-Kurs in einer Prüfungssituation nicht funktioniert. Ich hatte da ja keine Lehrprobe und kann das schlecht abschätzen.
Vorläufiger Lösungsweg: Ich habe gerade meinem Fachseminarleiter angeschrieben, der ja auch mit ins Examen geht, und gefragt, ob er sich mal mit mir zusammensetzt und sich das Für und Wider anhört. Ich befürchte zwar, dass er sagt, ich muss mich so entscheiden, wie ich mich wohler fühle, aber dann muss ich ihn eben bequatschen, dass er mir eine handfestere Antwort gibt. Tendiere ich dann allerdings zu einem Kurswechsel, würde zwangsweise noch eine Art Lehrprobe folgen, um zu sehen, wie die 10 dabei funktioniert und ob die "tauglich" sind.
Diese Gedanken machen mich grad ein bisschen irre. Da hat man scheinbar schon seit Monaten alles fest im Kopf, gerät es plötzlich ins Wanken. Aber will ich mir ernsthaft von einem Lehrer helfen lassen, der nicht nur unter dem Philosophieunterricht an sich etwas ganz anderes versteht als ich, sondern auch noch sozial so inkompetent ist?!
oh oh, schwierige entscheidung...
AntwortenLöschen...die ich im kopf eigentlich schon getroffen habe. morgen habe ich einen termin mit meinem fachseminarleiter, der dann entweder meine bauchentscheidung unterstützt oder mich von den vorteilen des zweiten weges überzeugt. mal sehen...
AntwortenLöschenbin gespannt, ich als Laie hab auch eine Favorit...
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